ÜBER MUT - Eine Bühnenrekonstruktion

Eine kleine Zeitungsmeldung im Sommer letzten Jahres: Zwei junge Männer steigen bei Nacht im fränkischen Kulmbach in das Freibad ein, legen ihre Oberbekleidung am Beckenrand ab und klettern auf den Sprungturm. Da die Sprunganlage wegen Baufälligkeit zu diesem Zeitpunkt geschlossen und das Wasser abgelassen ist, verlieren beide beim Sprung in das leere Becken ihr Leben. An einem unwirklichen Ort manifestiert sich der Tod als Fiktion und eine unheimliche Realität scheint nun unbeirrt und fortwährend dafür zu sorgen, dass sich keine Zufriedenheit einstellt, wenn es darum geht, das Geschehene zu verstehen. Eine Zuordnung der Rollen erscheint unmöglich. Der Held und der Idiot verschwimmen ineinander. Der Verlust von Leben wird als sinnlos erfahren. Jugendlicher Übermut erlebt weder Erwachsen, noch Erfüllung, sondern endet in einem absoluten Moment des Verschwindens. Auch der Sprungturm ist nach seiner Sprengung im März diesen Jahres verschwunden, die Sprunganlage eingerissen und eingeebnet. In Kulmbach wächst jetzt Gras über die Sache. Und wir wissen eigentlich nicht, wie wir damit umgehen sollen. Und eigentlich weiß niemand, wie damit umzugehen ist. Es gilt doch der Zweckmäßigkeit gegenüber indifferent zu sein, sich nicht mit ihr zu befassen, sich überhaupt nicht für sie zu interessieren.

Die Zeit der Zweckmäßigkeit ist vorbei. Die Bühnenrekonstruktion überwindet den Tod, enttarnt den Idioten als Held und reanimiert den Übermut.


Zwischenstück 1


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